Themenkonzept: Die Oma im Stollen
Meine Arbeit soll sich auf meine Großmutter konzentrieren. Diese arbeitete in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges als Zivilarbeiterin im sogenannten „Geheimprojekt Quarz“ in der Nähe von Melk. Da sie bereits verstorben ist, kann sie nicht mehr aktiv befragt werden. Jedoch hat sie einen außerordentlich umfangreichen schriftlichen Nachlass hinterlassen. Dieser betrifft nicht nur ihre Zeit im Stollen, sondern erstreckt sich von ihrer Kindheit bis in ihr hohes Alter. Sie hat bewusst Schwerpunkte gesetzt: Kindheit, Kriegszeit, Aufwachsen der eigenen Kinder… Daraus ergeben sich für meine Arbeit bereits die ersten Fragestellungen:
• Aus welcher Perspektive schreibt meine Oma diese Aufzeichnungen? Aufgrund der gesetzten Schwerpunkte lässt sich bereits vermuten, dass sie erst in ihrem Lebensherbst begonnen hat, über ihr Leben zu reflektieren. Warum schreibt Sie dann aber bewusst, wie sie es nennt, ein „Stollentagebuch“? Was sind also ihre Erinnerungsstützen, wodurch sie sich als Schreiber-Ich in der Kriegszeit wähnt? Eine innere/äußere Quellenkritik ist sehr interessant, da die Aufzeichnungen über den Stollen ca. 50 Jahre danach verfasst wurden. Woher weiß sie bestimmte Daten? Wahrscheinlich hat sie in den frühen 90er Jahren diese Erinnerungen festgehalten. Es wäre daher möglich, dass sie bestimmte Vorträge in Melk besucht hat, da zu dieser Zeit bereits erste Publikationen über Quarz herausgegeben wurden. Eventuell hat sie auch im Fernsehen historische Beiträge gesehen. Hier könnte ich das ORF-Archiv konsultieren (Hr. Dusek). Zeitungen haben eventuell in Rückblicken über den Stollen berichtet.
• Was waren ihre Beweggründe für ihre Aufzeichnungen? Welchen Adressatenkreis will sie ansprechen? In welcher Atmosphäre hat sie diese „Tagebücher“ verfasst?
• Wie hat sie gegenüber ihrer Familie über die Zeit im Stollen gesprochen? Hat sie überhaupt darüber gesprochen? Sie hat in diesem Stollen ihren späteren Mann, meinen Großvater, kennengelernt; sie hat ihr ganzes Leben in unmittelbarer Nähe zu diesem Stollen gelebt; jedesmal, wenn sie mit dem Auto auf der Westautobahn gefahren ist, muss sie den Hügel des Stollens gesehen haben; sie hat mehrmals Spaziergänge alleine oder mit Verwandten, Freunde in den Stollen unternommen - Die Stollenerlebnisse und -erfahrungen waren also ein ihr ganzes Leben veränderndes und prägendes Ereignis. Ich möchte daher auch der Frage nachgehen, wie sie mit meinem Vater, meiner Tante und mit anderen näheren Angehörigen über diese Zeit gesprochen hat.
Wenn es der Umfang der Arbeit erlaubt, würde ich ihr „Tagebuch“ gerne auch in einen Kontext mit anderen Quellen bzw. anderer Forschungsliteratur stellen. Dazu könnten folgende Fragen interessant sein:
• Wie ist sie überhaupt in diesen Stollen gekommen? War es üblich, dass junge Frauen wie sie zu dieser Art von Kriegsdienst im Hinterland herangezogen wurden? War es also verpflichtend? Hat sie sich freiwillig gemeldet? Wenn freiwillig, wie freiwillig war das? Kann es z.B. sein, dass es in ihrem Ort zum guten Ton gehörte, dass man von z.B. von Nachbarn nicht schief angeschaut werden wollte.
• Es gibt einige Ereignisse in ihrem „Stollentagebuch“ die einer Kontextualisierung bedürfen:
o Es kommt zu einem Zwischenfall, bei dem sie eine große Menge an Ausschuss produziert. In ihrer Darstellung und auch in den Erzählungen ihrer Nachkommen wird dieses Ereignis so dargestellt, dass wenn dieser Ausschuss nicht vor ihren Vorgesetzten vertuscht worden wäre, sie als Saboteurin hingestellt hätte werden können. Ist das so, wie gefährdet war sie wirklich?
o Anfang Februar gab es einen Brand im Stollen. Ihre Datumsangabe entspricht nicht der, der Literatur. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz?
o Wie beschreibt sie ihren Arbeitsplatz? Was hat sie eigentlich genau gearbeitet? Darstellung ihrer Kolleg_innen. Ihre Erlebnisse mit KZ-Häftlingen, wie nimmt sie diese wahr? …
Es ließen sich noch viele Fragen formulieren. Viele werden sich noch während meiner näheren Beschäftigung ergeben.
• Aus welcher Perspektive schreibt meine Oma diese Aufzeichnungen? Aufgrund der gesetzten Schwerpunkte lässt sich bereits vermuten, dass sie erst in ihrem Lebensherbst begonnen hat, über ihr Leben zu reflektieren. Warum schreibt Sie dann aber bewusst, wie sie es nennt, ein „Stollentagebuch“? Was sind also ihre Erinnerungsstützen, wodurch sie sich als Schreiber-Ich in der Kriegszeit wähnt? Eine innere/äußere Quellenkritik ist sehr interessant, da die Aufzeichnungen über den Stollen ca. 50 Jahre danach verfasst wurden. Woher weiß sie bestimmte Daten? Wahrscheinlich hat sie in den frühen 90er Jahren diese Erinnerungen festgehalten. Es wäre daher möglich, dass sie bestimmte Vorträge in Melk besucht hat, da zu dieser Zeit bereits erste Publikationen über Quarz herausgegeben wurden. Eventuell hat sie auch im Fernsehen historische Beiträge gesehen. Hier könnte ich das ORF-Archiv konsultieren (Hr. Dusek). Zeitungen haben eventuell in Rückblicken über den Stollen berichtet.
• Was waren ihre Beweggründe für ihre Aufzeichnungen? Welchen Adressatenkreis will sie ansprechen? In welcher Atmosphäre hat sie diese „Tagebücher“ verfasst?
• Wie hat sie gegenüber ihrer Familie über die Zeit im Stollen gesprochen? Hat sie überhaupt darüber gesprochen? Sie hat in diesem Stollen ihren späteren Mann, meinen Großvater, kennengelernt; sie hat ihr ganzes Leben in unmittelbarer Nähe zu diesem Stollen gelebt; jedesmal, wenn sie mit dem Auto auf der Westautobahn gefahren ist, muss sie den Hügel des Stollens gesehen haben; sie hat mehrmals Spaziergänge alleine oder mit Verwandten, Freunde in den Stollen unternommen - Die Stollenerlebnisse und -erfahrungen waren also ein ihr ganzes Leben veränderndes und prägendes Ereignis. Ich möchte daher auch der Frage nachgehen, wie sie mit meinem Vater, meiner Tante und mit anderen näheren Angehörigen über diese Zeit gesprochen hat.
Wenn es der Umfang der Arbeit erlaubt, würde ich ihr „Tagebuch“ gerne auch in einen Kontext mit anderen Quellen bzw. anderer Forschungsliteratur stellen. Dazu könnten folgende Fragen interessant sein:
• Wie ist sie überhaupt in diesen Stollen gekommen? War es üblich, dass junge Frauen wie sie zu dieser Art von Kriegsdienst im Hinterland herangezogen wurden? War es also verpflichtend? Hat sie sich freiwillig gemeldet? Wenn freiwillig, wie freiwillig war das? Kann es z.B. sein, dass es in ihrem Ort zum guten Ton gehörte, dass man von z.B. von Nachbarn nicht schief angeschaut werden wollte.
• Es gibt einige Ereignisse in ihrem „Stollentagebuch“ die einer Kontextualisierung bedürfen:
o Es kommt zu einem Zwischenfall, bei dem sie eine große Menge an Ausschuss produziert. In ihrer Darstellung und auch in den Erzählungen ihrer Nachkommen wird dieses Ereignis so dargestellt, dass wenn dieser Ausschuss nicht vor ihren Vorgesetzten vertuscht worden wäre, sie als Saboteurin hingestellt hätte werden können. Ist das so, wie gefährdet war sie wirklich?
o Anfang Februar gab es einen Brand im Stollen. Ihre Datumsangabe entspricht nicht der, der Literatur. Wie kommt es zu dieser Diskrepanz?
o Wie beschreibt sie ihren Arbeitsplatz? Was hat sie eigentlich genau gearbeitet? Darstellung ihrer Kolleg_innen. Ihre Erlebnisse mit KZ-Häftlingen, wie nimmt sie diese wahr? …
Es ließen sich noch viele Fragen formulieren. Viele werden sich noch während meiner näheren Beschäftigung ergeben.
wurmi - 14. Oktober, 11:59