Donnerstag, 6. Dezember 2012

Referat über den deutschen Frühnationalismus mit besonderem Fokus auf die politische Festkultur des Vormärz':

DAS STUDENTISCHE WARTBURGFEST VOM 18./19. OKTOBER 1817

Das Wartburgfest war das erste überregionale deutsche Nationalfest.

Dieses Fest hängt eng mit der Entstehungsgeschichte der dt. Burschenschaften zusammen. Burschenschaften wollten in dieser Zeit mit nationalen und liberalen Ideen das geistige und sittliche akademische Leben reformieren.

Ein Großteil der Burschenschaftler, die an diesem Fest teilnahmen, wurde in den letzten Jahren des 18. Jhdt. geboren. Politisch geprägt waren sie also unter Anderem durch die Befreiungskriege bis 1815. Die Legitimität der überkommenen partikular-dynastischen Gewalten wurde durch die junge Bildungsschicht scharf in Frage gestellt.
Im Folgenden einige Reformansätze der Studenten:

o Sie wollten die Ungleichheit der Hochschüler untereinander bekämpfen

o Sie waren gegen den rein äußerlichen Ehrbegriff

o gegen die Diktatur des „Schlägers“

o gegen unernste Arbeitshaltung, laxe Moral, insb. durch unmäßiges Trinken hervorgerufen.

o gegen den landsmannschaftlichen Partikularismus
Die Ziele der Burschenschaftler waren:

o die eigene Freiheit und Ehre zu verteidigen. - Das Duell solle durch Ehrengerichte eingeschränkt werden

o Wissenschaften u. körperl. Ertüchtigung pflegen. Turnvater Friedrich Ludwig Jahn

o Philister (Nichtakademiker) und Frauen respektieren

Die reformierte Studentenschaft wollte die Universitäten zum Modell für die Neuordnung der Nation als ganzes machen.

Wie stand es um das „frühnationalistische“ Verständnis der Burschenschaftler? Ein geschlossenes philosophisches Weltbild und klare politische Ansichten kann man in etwa bei einem Fünftel der Studentenschaft vermuten. Die Mehrheit nahm die frühnationalistische Ideologie lediglich über Lieder und Gedichte auf.

Wie kam es zu diesem Fest? Anstöße gab es von national- und verfassungspolitisch aktiven Oppositionszirkeln z.B. um Friedrich Ludwig Jahn, bzw., den sog. Gießener „Schwarzen“. Der äußerliche Anlass war das 300. Reformationsjubiläum und der dritte Jahrestag der Leipziger Schlacht. Eingeladen hat die Jenaer Burschenschaft.
Grund für das Fest waren weniger politische Ziele, als viel mehr der Wunsch Burschenschaften in so vielen Universitäten wie möglich zu etablieren. Die Ankündigung des Festes bei den staatlichen Instanzen stieß auf Wohlwollen. Die Bürger Eisenachs wurden aufgefordert den Studenten kostenlose Unterkunft zu gewähren, Brennholz wurde von den herzoglichen Forsten geliefert, für Kost und Logis wurde gesorgt. Die teils singend ankommenden Studenten mussten sich in eine Präsenzliste eintragen und unterschreiben keine Duelle zu veranstalten. Der Verbrüderung der Studenten wurde durch die noch allgemein unübliche Anredeform „Du“, sowie dem Verzicht des Namenszusatzes „von“ seitens adeliger Studenten Ausdruck verliehen. Eine Sammlung von Liedern, die die Studenten im Vorhinein für das Fest gedichtet hatten, sowie Einzeldrucke von Ansprachen wurden am Morgen des 18. Oktobers verteilt.

Die Gesamtzahl der Teilnehmer belief sich auf in etwa 800. Ca. die Hälfte davon waren Studenten. Die andere Hälfte waren Professoren, Teilnehmer aus Eisenach und Umgebung, sowie Vertreter der National- und Verfassungsbewegung.

Ablauf
In den Morgenstunden des 18. Oktobers 1817 setzte sich der Festzug vom Eisenacher Marktplatz aus in Gang. Im Rittersaal angekommen, sprach zuerst ein Vertreter der Jenaer Burschenschaft. In seiner Rede wurde unter Anderem der Partikularismus der deutschen „Stämme“ kritisiert. Die Reden setzten sich bis zum Abend fort.
Folgende inhaltliche Momente tauchen in diesen Reden immer wieder auf:

• die „ewigen Ideen der Menschheit“

• der „Geist der Tugend und Schönheit“

• „die Freiheit und die Wahrheit“

• „das Reich des ewigen Friedens“

• „die Lehre, der Gerechtigkeit und der wahren Frömmigkeit“

• der „Geist der Wahrheit und Gerechtigkeit“

• das „Streben nach jeder menschlichen und vaterländischen Tugend“


Diese Ideen finden sich bereits bei Luther in seinem Kampf um Geistesfreiheit. Diese Geistesfreiheit bedurfte jetzt, nach Ansicht der Wartburg-Teilnehmer, einer nationalen Ausprägung. Der Geist - Zitat eines Redners - „will ein Vaterland haben, und wir haben keins“ Zitat Ende.

Ähnliche Motive finden sich auch in den gesungenen Liedern, wenn auch in verkürzter Form. Politische Bezüge in den Liedern beziehen sich auf den Befreiungskrieg, der gefeiert wird als „Krieg der Kriege,/Sieg der Siege,/Frei ist unser Vater Heerd!/Hermann [der Cherusker] (De origine et situ Germanorum bei Tacitus. Als Befreier Germaniens auf der Wartburg gefeiert) schaut auf uns hernieder,/…

Am Abend erfolgte die Verbrennungsszene, die nicht zum offiziellen Programm gehörte. Es wurden 25 Titel verlesen und symbolisch dem Feuer übergeben.

Verbrannte Schriften von:

• Theoretikern der Restauration

• Repräsentanten des absolutistisch gesinnten
Beamtentums

• gegenrevolutionären Publizisten und Literaten

Verbrannte Gegenstände:

• preußischer Ulanenschnürleib

• hessischer Zopf

• österreichischer Korporalstock

• Statuten der „Adelskette“.

Daneben auch Schriften wie der Code Napoleon sowie des Aufklärers Saul Ascher.

P.S.: Das oft damit in Verbindung gebrachte Heine-Zitat bezieht sich, entgegen einer immer wieder auftauchenden Annahme, nicht auf diese Bücherverbrennung.

Zu den symbolischen Ausdrucksformen am Wartbergfest
Diese waren i.d.R. nicht burschenschaftlichen bzw. studentischen Ursprungs. Die Flammensäule am Wartenberg knüpfte an Bibelexegen und z.B. der Osterflamme an. Die Fahne (Burschenschaftsfahne) ist als politisches Symbol auch bereits ein altes Symbol, erhielt jedoch im aufstrebenden Nationalismus eine neue identitätsstiftende Rolle. Die Turnkleidung von Jahn geht auf ein antikes Schönheitsideal zurück. Im Verständnis der Burschenschaftler sollte diese ständische und materielle Unterschiede aufheben.

Folgen des Wartburgfests
In der Zeit nach dem Wartburgfest kam es zur Gründung von Burschenschaften in nahezu allen dt. Universitäten. Diesen Gründungen geht eine noch im Herbst 1817 politisch-programmatische Manifestierung der liberalen Grundgedanken durch die Jenaer Burschenschaft in den sogenannten „Grundsätzen und Beschlüssen“ voraus. Darin forderte man z.B.:

• Rede- und Pressefreiheit

• eine konstitutionell-monarchische Verfassung

• und die föderative Einheit Deutschlands

In der Perspektive des Königreichs Preußen handelte es sich bei diesen Forderungen um „neue Auflagen revolutionärer Grundsätze“. Die Initiatoren seien Menschen, die „den Doctorhut mit der Jacobinermütze vertauschen möchten“. Witzig, da Verbrennung des Code Napoleon.


DAS HAMBACHER FEST 1832

Das Hambacher Fest am 27. Mai 1832 gilt als Höhepunkt frühliberaler bürgerlicher Opposition in der Zeit der Restauration und des Vormärz‘. Das Fest erwuchs aus einer Oppositionsbewegung. Diese richtete sich gegen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die durch die restaurativen Mächte auf dem Wr. Kongress 1815 festgeschrieben wurden.

Die Pfalz war seit dem Wr. Kongress Teil vom Konigreich Bayern. Die Oppositionsbewegung formierte sich im Münchner Landtag und im sog. Pressverein. Das war die Ausgangslage, dazu kamen wirtschaftliche und soziale Faktoren:

• Die isolierte Lage der Pfalz zum Königreich Bayern

• wachsende Holznot

• Hungersnöte usw.

Um aber die betroffenen Bevölkerungsschichten zu erreichen, bedurfte es anderen Wirkungsformen. Die Alternative war ein politisches Fest. Dieses bot mehrere Vorteile:

• Es konnte die unteren Bevölkerungsschichten besser erreichen. Diese waren mit mündlich-emotionaler Agitation besser anzusprechen.

• Die Rede bot der Zensur weniger Handhabe

• Flexibleres Eingehen auf die Stimmung der Zuhörer

Das politische Fest bot der Öffentlichkeit einen Ersatz zur Presse. Dadurch wurde ein zusätzlicher Weg zur politischen Diskussion und Meinungsbildung geschaffen.

Ablauf:
Äußerer Anlass war eine Huldigungs- Dankesfeier der bayrischen Verfassung am 26. Mai. Der Plan ein konservatives Verfassungsfest zu feiern, wurde von Pressvereinsmitgliedern umfunktioniert und so wurde das Fest auf den 27. Mai verlegt. Ein Aufruf zur Teilnahme an dem Fest wurde in vielen liberalen Zeitungen in Rheinbayern und auch außerhalb gedruckt. Darauf ließ der Regierungspräsident das Hambacher Fest verbieten. Dies ließ eine liberale Protestwelle entfachen, die das politische Selbstbewusstsein der Pfälzer Bevölkerung zeigte. Der Regierungspräsident nahm zuerst mit Einschränkungen aber schließlich das Verbot ganz zurück. Dies wurde als Sieg der Opposition gefeiert.

Gegen 8 Uhr versammelten sich die Festteilnehmer am Neustädter Marktplatz. Die Fahnen der einzelnen Gruppen machten auf die Themen der Veranstaltung aufmerksam. Es wurden patriotische Lieder gesungen und nach Ankunft des Festzuges auf der Burg die polnische und deutsche Fahne gehisst. Es versammelten sich zwischen 20 und 30 Tsd. Gäste. Es wurden mehrere Reden gehalten, am Abend Bälle und Tanzveranstaltungen ausgetragen. Das Fest dauerte offiziell bis zum 1. Juni.

In diesem Fest lässt sich ein breites Spektrum nonverbaler und verbaler Artikulation erkennen. Zur Verbalen:

• Reden standen im Vordergrund. Zum Teil spontan, zum Teil vorbereitet.

• Neben der Hauptrednerbühne entstanden aufgrund der großen Anzahl an Besuchern dezentrale Rednerplätze.

• Daneben gab es Toaste und Trinksprüche an der Festtafel

• Durch Lieder. Insgesamt 12 Lieder sind in der Festbeschreibung abgedruckt. Meist Kontrafrakturen von bekannten Liedern. Daher Überlisten der Polizei.
o Häufige Motive in den Liedern: Hermann der Cherusker, Befreiungskriege, Frühlingsmetaphorik
nonverbale Artikulationsformen:

• Symbole, Abzeichen: Haartracht und Bart, Hüte, altdeutscher Rock, usw.

• Fahnen - Opposition bevorzugte reine Farbkombinationen.

Diese Zeichen enthielten Gesinnungsäußerungen, die allerdings sehr allgemein blieben: Für Einheit und Freiheit, gegen die Fürsten.
Vorläufer und Vorbilder des Hambacher Festes

• Eine im Vorjahr angeblich stattgefundene Feier am Hambacher Schloss anlässlich der französischen Julirevolution.

• In Bezug auf Festgestaltung waren die Fürstengedenktage, Verfassungsfeiern und Revolutionsfeiern vorbildwirkend.

• Wurzel des Festes findet sich auch in dem aufklärerischen Verständnis von politischen Festen, Das Fest sollte den Patriotismus fördern.

Ein wesentlicher Unterschied zu seinen Vorbildern ist die hohe Teilnehmer_innenzahl.

Es war die weitaus größte Veranstaltung des dt. Vormärz. (Dies ließ den politischen Anspruch unverhüllt hervortreten und erklärt die Nachfolgenden Repressionsmaßnahmen der Regierung und des dt. Bundes.)
Zu den Zielen der Versammlung:

• Ein Nationalstaat mit eigener Verfassung.

• DE solle Teil eines konföderierten republikanischen Europas sein.

Forderungen:

• Einheit - der dt. Kulturnation. Gemeinsame Sprache und gemeinsame historische Vergangenheit

• Freiheit - Umfasste bürgerl. Rechte Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit usw.

• Gleichheit - gegen mittelalterliche Ständeordnung. Macht soll vom Volk ausgehen. Rechtliche Gleichheit nicht materielle.

Mittel zur Durchsetzung der Forderungen sahen die Hambacher in der politischen Bildungsarbeit und nicht in revolutionären Bestrebungen. Dabei wurde die Stellung der Frau besonders betont. Ihre Aufgabe als gleichberechtigte Partnerin des Mannes sei es, früh ein politisches Bewusstsein in den Kindern zu wecken. So ein Redner und Mitinitiator des Festes.

Die erste gewählte Volksvertretung?
Im Vorfeld gab es Interessen von Studentengruppen mit dem Preßverein konkrete Schritte zur politischen Veränderung einzuleiten. Etwa 400 Personen versammelten sich im Schießhaus bei Neustadt am 28. Mai 1832. Es wurden Vertrauensleute gewählt, deren Zweck war jedoch unklar. Sollte es eine Parteiorganisation sein oder sahen die gewählten sich bereits als Volksvertreter. Da es zu keiner Einigung kam löste man die Versammlung wieder auf. Der Preßverein sollte weiter bestehen als Instrument der öffentlichen Meinungsbildung.

SOZIALE UND REGIONALE ZUSAMMENSETZUNG DER TEILNEHMER_INNEN.

Die Masse bildeten Handwerksgesellen, Krämer, Kleinbauern, Tagelöhner. Regional waren Hessen und der nähere Umkreis der Pfalz die Haupteinzugsgebiete. Eine beträchtliche Anzahl kam aus nord- und mitteldeutschen Städten, sowie aus München und Augsburg.

LITERATURLISTE:
Peter Brandt, Das studentische Wartburgfest vom 18./19. Oktober 1817. In: Dieter Düding, Peter Friedemann, Paul Münch (Hg.), Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg (Hamburg 1988) 89-112.

Cornelia Foerster, Das Hambacher Fest 1832: Volksfest und Nationalfest einer oppositionellen Massenbewegung. In: Ebd. 113-131.

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